Diese für die Turnerei negative Entwicklung sollte jedoch nicht lange Bestand haben.
Am 1. 2. 1890 wurde auf Initiative des Lehrers Emil Potzel im „Gasthof zur Krone“ erneut ein Turnverein gegründet, der in den folgenden Jahren in jeder Beziehung eine steile Aufwärtsentwicklung nahm.
1895 wurde eine zum Preise von 450,- angeschaffte neue Fahne anlässlich eines glanzvollen Festes geweiht!
Das „1. Gauturnfest des Rodach-Main Gaues“ fand am 3.5.1897 in Michelau statt, an dem sich ca. 40 Vereine beteiligten.
Im Protokollbuch um die Jahrhundertwende tauchten die Namen Gäberlein, Gick und Kessel immer wieder auf, die sich durch ausgezeichnete sportliche Leistungen in den Vordergrund spielten.
Während dieser Jahre begann man auch mit dem Faustballspiel und am 27.03.1911 wurde der „Anschluss des im Januar 1911 gegründeten 1. Sport-Club Michelau (22 Mitglieder) beschlossen“.
Beim Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914 mussten von den damaligen 210 Mitgliedern 186 Männer ins Feld rücken.
Nach Beendigung dieser unseligen Auseinandersetzung musste der Turnverein leider eine recht traurige Bilanz ziehen: 36 Turner waren gefallen, 39 waren zum Teil schwer verwundet und 8 Personen gerieten in Gefangenschaft!
Der 1. Vorsitzende Hermann Kessel scharte aber seine Getreuen nach dem Ende des Krieges sofort wieder um sich. Im Juli 1920 wurde das „30-jährige Stiftungsfest“ zur Erinnerung an die Zweitgründung des Vereines mit einem glanzvollen Turnfest gefeiert.
Die dabei geehrten Turnveteranen spendeten dem TVM 1.515,- Mark.
Dazu kamen noch namhafte Beträge von einzelnen Mitgliedern und den Festjungfrauen, sodass „insgesamt 6.000 Mark gesammelt wurden, die den Grundstock für einen Turnhallen-Fonds“ bildeten. (Dies war für die damalige Zeit eine sehr respektable Summe!)
Der Gedanke, möglichst einmal eine eigene Turnhalle zu besitzen, war im Verein bereits früher aufgetaucht.
Man muß vor dem Mut der damals im Verein führenden Männer den größten Respekt haben, die in einer wirtschaftlich außerordentlich schwierigen Zeit das Wagnis unternahmen, eine Turnhalle „in den Grundmaßen 40 x 20 m, bei einer Höhe von 12 m zu errichten“!
Dieses Bauwerk war zu seiner Zeit weit und breit einmalig.
Alle Etappen der Errichtung der Turnhalle waren von einer Opferbereitschaft der Vereinsmitglieder und vieler Michelauer Handwerksbetriebe gekennzeichnet, die keine Grenzen zu kennen schien!
Die galoppierende Geldentwertung der Inflation hätte den Weiterbau der Halle unmöglich gemacht, wenn nicht Familien mit dem eigenen Hab und Gut die Haftung übernommen hätten.
Könnte man sich in unserer heutigen Zeit, die in erster Linie vom Materialismus geprägt ist, einen solchen Idealismus noch vorstellen?
Allen Schwierigkeiten zum Trotze konnte das stolze Bauwerk am 04. und 05. Juli 1925 geweiht werden!!
Die folgenden Jahre waren für den Verein recht kritisch, denn die Arbeitslosigkeit war in der heimischen Korbindustrie erdrückend, sodass die Finanzlage bei einer Schuldenlast von 60.000 Mark außerordentlich schwierig war.
Die Halle des TV Michelau war am 21. März 1931 Austragungsort der Gerätemeisterschaften des BTB, bei der sich der spätere Olympiasieger von 1936, Alfred Schwarzmann aus Fürth bereits besonders hervortat.
Stellvertretend für die guten Leistungen von Sportlern des TVM in jenem Zeitraum seien die Namen von Lisette Förtsch, Liselotte Friedrich und besonders Johanna Kessel, sowie Arnulf Burkhardt, Fritz Gick, Hermann Gärtner, Hans Kessel, Nikolaus Lauer, Fritz Mann und Hermann Nemmert genannt
Die politischen Ereignisse von 1933 und die darauf folgenden Jahre hinterließen auch beim TVM ihre Spuren, denn die Zielsetzung der sportlichen Betätigung ging durch die Einflussnahme der Behörden in Richtung auf die „Wehrertüchtigung“.
Dennoch vollbrachten damals Michelauer Turnerinnen und Turner außergewöhnliche Leistungen.
Der Verein verfügte über einen beachtlichen Stamm von Idealisten, die sich an Wettkämpfen beteiligten und in der Turnhalle als freiwillige Helfer bei Veranstaltungen fungierten, ohne auch nur einen Pfennig als Vergütung dafür zu erhalten.
Diese Tätigkeiten wurden als Ehrensache betrachtet.
Der 2. Weltkrieg setzte all diesem Eifer ein Ende, denn die Turnhalle wurde von den Behörden zu einem Lagerraum umfunktioniert.
Ein Turnbetrieb konnte von den wenigen, in der Heimat verbliebenen Mitgliedern nicht mehr aufrechterhalten werden.
Der Blutzoll, den Michelauer Turner am Ende dieses unseligen Krieges erbracht hatten, war furchtbar!
48 Männer kehrten nach 1945 nicht mehr zu ihren Familien zurück!
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